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Olympische Winterspiele 2022
Peking 2022
Mi, 02.02. - So, 20.02.

Olympia-Gigantismus: "Ultracool" und "geisteskrank"

Die Sportstätten haben teils gigantisches Ausmaß
Die Sportstätten haben teils gigantisches Ausmaß
Foto: © MAXIM THORE via www.imago-images.de
03. Februar 2022, 13:23

Gewaltige und spektakuläre Schanzen, ein gigantischer Eiskanal: Die Chinesen haben beim Bau ihrer Sportstätten nicht gekleckert, sondern rücksichtslos geklotzt.

Eigentlich hat das IOC die Abkehr vom Gigantismus ausgerufen, doch die Sportstätten in Peking verkörpern genau das: Größe, Strahlkraft, Macht. Die Olympiaathleten sind hin- und hergerissen, sie staunen über die einmalige Architektur und nahezu die perfekten Bedingungen. Doch die Überdimensionalität und fehlende Nachhaltigkeit rauben ihnen auch die Freude.

Als "geisteskrank" bezeichnete zum Beispiel Bobpilot Johannes Lochner die Kosten für den nagelneuen Eiskanal in den Bergen von Yanqing. Der sehe zwar "ultracool aus", sei aber "fünf Nummern zu groß", kritisierte er in der ARD-Doku "Spiel mit dem Feuer". "Wenn man die Kosten runterbricht auf die Fahrten, dann rentiert sich das nie im Leben", meinte der viermalige Weltmeister: "Das sind vielleicht 250.000 Euro pro Abfahrt."

Rund zwei Milliarden Euro soll die spektakuläre Bahn, die sich auf einer Länge von knapp zwei Kilometern das Xiaohaituo-Gebirge hinunterschlängelt und an die Form eines Drachen erinnert, gekostet haben. Zum Vergleich: Das Gesamtbudget für Winterspiele 2022 in München hätte nur 1,6 Milliarden Euro betragen. Warum das Ganze? "Das ist Protz", sagte Rodel-Olympiasieger Felix Loch dem SID, "um der Welt zu zeigen, was sie können".

Das kann man auch auf andere Wettkampfstätten beziehen. Die Architektur der Skisprungschanzen im Guyangshu Nordic Centre mit der 40 Meter hohen, kreisförmigen Aussichtsplattform am Schanzenkopf ist weltweit einmalig. Es sei "bombastisch, was da gebaut worden ist", schwärmte Skisprung-Bundestrainer Stefan Horngacher, der mit Blick auf die geschätzt 60 Millionen Euro Baukosten aber anmerkte: "Ich muss sie nicht zahlen."

Qualität um jeden Preis - das war auch das Motto für das Nationale Ski-Alpin-Zentrum. Weil in der Gebirgsregion Xiaohaituo durchschnittlich nur gut fünf Zentimeter Schnee pro Jahr fallen, kommen 158 Schneekanonen und 30 -Lanzen zum Einsatz. Die deutschen Abfahrer fühlten sich sofort wohl. "Ich hatte Spaß von oben bis unten", berichtete Debütant Simon Jocher nach seiner Jungfernfahrt auf der Olympia-Piste. Vizeweltmeister Andreas Sander fand es "zum Skifahren genial", und Dominik Schwaiger traute seinen Augen kaum: "Es ist brutal, was die hier hingestellt haben, wenn man bedenkt: Hier war vorher nix!"

Aus dem Boden gestampfte Pisten, Schanzen, Bahnen, Bauwerke, Hotels - alles nur für gut zweieinhalb Wochen Olympiasport? Mitnichten, betont das Internationale Olympische Komitee. Der Ringeorden verweist auf bereits vorhandene Sportstätten wie das "Vogelnest" (Eröffnungs- und Abschlussfeier) sowie den "Water Cube" (Curling) und hofft in Sachen Nachhaltigkeit auf eine künftige Wintersport-Nation China. Durch Olympia würden sich mehr als 300 Millionen Chinesen für den Wintersport begeistern lassen, was die riesigen Investitionen rechtfertige, meinte IOC-Präsident Thomas Bach.

"Wir haben die regionale Entwicklung, den Umweltschutz, grüne und innovative Lösungen für bessere Lebensbedingungen in China gefördert", behauptete auch Chinas Staatspräsident Xi Jinping einen Tag vor der Eröffnungsfeier. Umwelt-Experten bezweifeln das stark und sprechen von den "unnachhaltigsten Spielen aller Zeiten". In jedem Fall werden es wohl mit die teuersten Winterspiele der Geschichte.

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